HERDENSCHUTZHUNDE

Gerade in Osteuropa – so auch in Nordmazedonien – gibt es noch viele Hunde, die nicht als Haustiere gehalten, sondern als Gebrauchshunde eingesetzt werden. Zu diesen Gebrauchshunden gehören auch die sog. Herdenschutzhunde, um die es hier gehen soll.

Was sind Herdenschutzhunde und was zeichnet sie aus?

Herdenschutzhunde sind zumeist große und kräftige Hunde, die ursprünglich dafür gezüchtet wurden, Nutztiere wie Schafe vor Raubtieren, wie z.B. Wölfen oder Bären, zu schützen. Die Hunde haben die Herden teilweise tage- oder wochenlang allein bewacht.

Deswegen wurde in der Zucht auf hohe Eigenständigkeit und gelassene Durchsetzungsfähigkeit Wert gelegt. Herdenschützer sind also selbstständig denkend und in der Lage, ohne Anleitung durch ihren Menschen eine Entscheidung zu treffen. Dabei handeln und arbeiten sie ressourcensparend und effektiv. Konflikte können also entstehen, wenn sie eine andere Entscheidung als ihr Mensch getroffen haben oder sie dessen Anweisung nicht logisch finden. Unterordnung ist kein Talent der Herdenschützer.
Daher sind ihre Menschen aufgefordert, Klarheit, Konsequenz, Gerechtigkeit, Souveränität, Gelassenheit und liebevolle ruhige Zuwendung mit in die Beziehung zu bringen. Ein Herdenschutzhund braucht keine kraftvollen starken Einwirkungen, er reagiert eher auf feine Körpersprache.

Wenn Fairness und Klarheit die Kommunikation bestimmen, dann zeigen sie ihre große Stärke : ein ausgeglichenes, ruhiges Wesen und die Fähigkeit sich stark und loyal an ihre Menschen zu binden.
Einen Herdenschützer überzeugt man durch kluge Kompromissfähigkeit und durch die Führung in Kooperation.
Herdenschützer zeigen oft erhöhtes Territorialverhalten und erhöhte Wachsamkeit in der Dämmerung und Dunkelheit. Dies sind jedoch auch bekannten Eigenschaften von z.B. Schäferhunde und Terriern.
Eines jedoch sind Herdenschutzhunde nicht: erhöht aggressiv oder per se gefährlich. Im Gegenteil, sie sind in der Lage, sehr genau zu überlegen, ob sich ein Kampf lohnt, sie sind nicht schnell erregt oder hitzig, „Kneipenschlägereien“ sind nicht ihr Ding. Sie verlieren sehr selten die Nerven. Auch hier zeigt sich ihr Talent zum Ressourcen sparen.

Ein Mensch, der mit seinem HSH eine Hundeschule oder eine*n Trainer*in aufsuchen möchte, sollte darauf Wert legen, dass dort HSH-Erfahrung vorhanden ist.
Wenn das nicht der Fall ist, wird oft jedes unerwünschte Verhalten als „Typisch HSH “ gelabert. Das ist ungerecht und es ist schlicht falsch.

Wünschenswert ist im übrigen eine differenzierte Betrachtungsweise der Rassen und Schläge der Herdenschützer, die sich von einander stark unterscheiden können. So gelten die spanischen Mastins beispielsweise als eher sanft, die kaukasischen Owtscharkas eher als misstrauisch.

Die HSH Mixe sind noch einmal gesondert zu betrachten, denn die DNA eines Mixes enthält ja auch die Gene der anderen beteiligten Rasse/ n.

So mag ein Mix aussehen wie ein HSH, seinen Charakter aber vom anderen Elternteil vererbt bekommen haben. Ist dies ein Schäferhund, so wird er viel mehr Willen zu Gefallen haben, ist es ein Hütehund, so zeigt er eher dessen Eigenschaften.

Sind eure Hunde Herdenschutzhunde?

Dadurch dass Herdenschutzhunde häufig in Nordmazedonien vertreten sind, trägt vermutlich der Großteil unserer Hunde einen Anteil HSH in sich. Dies gilt übrigens für so gut wie alle Tierschutzhunde, insbesondere aus Osteuropa. Das Aussehen kann ein Hinweis auf einen HSH-Anteil sein, muss es aber nicht. Auch bringt nicht jeder Hund, der nach einem HSH-Mix aussieht, die stereotypischen Verhaltensweisen mit.

Wie steht ihr zu Herdenschutzhunden und deren Mixen?

Gerne werden Herdenschutzhunde (HSH) als besonders aggressiv oder gefährlich verteufelt. Viele Hundetrainer*innen und -halter*innen schieben problematische Verhaltensweise gerne auf einen eventuell vorhandenen HSH-Anteil. So einfach ist es jedoch nicht. 

Wir wünschen uns eine differenzierte Betrachtung. Zum einen gibt es nicht “den” HSH – sondern unter den HSHs gibt es wiederum verschiedenste Rassen mit individuellen Rasseattributen. Auch zeichnet sich nicht jeder HSH-Mix durch die “stereotypischen” Verhaltensweisen aus. Vielleicht sieht ein HSH-Jagdhund-Mix eher aus wie ein HSH, zeigt aber die Charaktereigenschaften eines Jagdhundes. Daher sind Mischlinge verschiedener Rassen immer große Überraschungspakete, da man im Welpenalter nie genau weiß, welche Charakterzüge sich durchsetzen. 

Oft liegt das Problem im Umgang mit HSHs darin, dass die rassetypischen Attribute eines HSHs eben auch eine besondere Führungskompetenz des Menschen bedürfen, die leider oft fehlt oder unterschätzt wird –  und dann sind Probleme mit einem HSH in der Tat vorprogrammiert. Dies gilt aber genauso für andere anspruchsvolle Rassen der Schäfer-, Schutz-, Hüte-, oder Jagdhunde. 

Jeder Mensch sollte sich daher vor der Anschaffung eines Hundes damit auseinandersetzen, welche Charaktereigenschaften und Rasseattribute ihm besonders wichtig sind, wie das gemeinsame Leben mit dem Hund aussehen soll und was er in der täglichen Auslastung leisten kann. 

Grundsätzlich stellt ein HSH größere Ansprüche an die Kompetenz und Kommunikation eines Halters, als man es vielleicht von den gängigen Familienhunden kennt. Zudem liebt der HSH es draußen zu sein und Freiraum zu haben – wird also in der Stadt mit einem Balkon nicht glücklich werden.

Wer z.B. einen sehr folgsamen Hund möchte, der jeglicher Anweisung blind folgt, wird von einem HSH-Mix vermutlich eher enttäuscht werden, da er gelernt hat, selbständig Entscheidungen zu treffen und den Menschen und seine Kompetenz auch gerne mal hinterfragen. HSHs zeichnen sich durch Selbstständigkeit aus, dennoch zeigen sie durchaus einen Kooperationswillen sowie ein hohes Maß an Loyalität. 

Auch wird der HSH-Mix vermutlich nicht der sportliche Begleiter sein, der Hund, der an Ballspielen Freude hat oder jeden fremden Menschen für ein Leckerchen mit nach Hause begleitet. Dafür wird der HSH eher Freude an langen, ausgedehnten Spaziergängen an deiner Seite haben, ohne, dass er beim Spaziergang noch arbeiten möchte wie ein Border Collie oder Dummys zurückholen möchte wie ein Retriever.

Den HSH reizt vielmehr ein langsamer gemütlicher Spaziergang ohne Zeitdruck und Hetze. Er bleibt gerne vor einem Feld stehen und betrachtet es ausgiebig.

HSH haben jedoch durchaus Jagtmotivation. Vor allem HSH, die einige Zeit auf der Straße lebten, haben oft gelernt, zu jagen. Es kommt auch vor, dass eine Kastration zu erhöhter Jagdlust führt, dies ist keine Besonderheit des HSH, sondern zieht sich durch alle Rassen.

Fazit: Wir selber haben über die Jahre viele Eigenschaften der HSHs lieben und schätzen gelernt – dennoch sind wir uns bewusst, dass einige Eigenschaften nicht dem Standard der Erwartung an einen Familienhund in Deutschland entsprechen. Entsprechend wird – insb. wenn wir einen ausgeprägten Anteil HSH vermuten – dies ausgiebig im Erstgespräch thematisiert. Gleiches gilt aber genauso für alle anderen Hunde – denn ohne artgerechte Führung und Haltung sind ebenso Probleme bei Jagd-, Hüte-, Schutz- und Schäferhunden vorprogrammiert.

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